Allgemeine Relativitätstheorie

Die allgemeine Relativitätstheorie (ART) verallgemeinert die spezielle Relativitätstheorie von Inertialsystemen auf beschleunigte Bezugssysteme. Albert Einstein hatte die Grundidee (Äquivalenzprinzip der ART) bereit im Jahr 1907, aber erst 1915 hatte er die Grundgleichungen gefunden.

Äquivalenzprinzip der ART
Effekte der Gravitation unterscheiden sich lokal nicht von Effekten eines beschleunigten Bezugssystems.

Beispiele:
Im freien Fall (beschleunigtes Bezugssystem) ist man schwerelos. Man fühlt sich nicht nur schwerelos, man ist es auch, wie es jede mitgeführte Waage auch anzeigen würde.
Wenn der Lift aufwärts beschleunigt, so fühlt man sich/ist man schwerer.
Mit einer Zentrifuge (rotierendes Bezugssystem = beschleunigtes Bezugssystem) kann man erhöhte Schwerkraft simulieren/erzeugen.
Umgekehrt kann man Beschleunigung in einem Fahrsimulator vortäuschen, indem man die Kabine nach hinten neigt.


Uhren im Schwerefeld
Eine Physikerin und ein Physiker auf dem Dach- und im Erdgeschoss eines Hochhauses möchten zwei baugleiche Atomuhren synchronisieren. Dazu senden sie Signale, z.B. Mikrowellen, mit dem Takt der Atomuhr vom Erd- zum Dachgeschoss.

Hochhaus851x563.gif

Abbildung: Im Erdgeschoss werden Signale der Frequenz fE ausgesandt, im Dachgeschoss auf der Höhe h werden Signale der Frequenz fD empfangen. An den Zahlenwerten ändert sich laut Äquivalenzprinzip nichts, wenn wir das Schwerefeld simulieren, indem wir das Hochhaus in der Schwerelosigkeit mit a beschleunigen (sog. Einsteinlift). Nun benötigt das Signal aber eine gewisse Zeit t ≈ h/c um vom Erd- zum Dachgeschoss zu gelangen. In dieser Zeit wird das Bezugssystem um v = a·t schneller. Auf dem Dach wird deshalb dopplerverschobene Strahlung tieferer Frequenz empfangen: fD = fE·(1-v/c+..). Vom oben gesehen scheint die untere Uhr langsamer zu ticken!

fD/fE = 1 - g·h/c2+..

Dieser Effekt, der auch unter dem Stichwort "Rotverschiebung im Gravitationsfeld" läuft, hat messbare Konsequenzen. Der aufgelaufene Gangunterschied bleibt bestehen, selbst wenn man die Uhren wieder an denselben Ort bringt.

Für ein Hochhaus ist der Gangunterschied gering (aber trotzdem messbar mittels des sog. Mössbauereffekts oder Atomuhren). Extrem werden die Effekte am Rand eines "schwarzen Loches": Dort scheint von aussen gesehen die Zeit sogar still zu stehen.


Raumkrümmung
In der Abbildung könnten die Physikerin und der Physiker auf die Idee kommen, die Hochhaushöhe als Vielfaches der Wellenlänge der Mikrowellenstrahlung auszudrücken. Da die Anzahl Wellenzüge, die ins Hochhaus passen, unabhängig vom Bezugssystem sein muss, und die Wellenlänge nach c = λ·f je nach Höhe unterschiedlich ist, erhalten beide verschiedene Werte für die Hochhaushöhe. Von oben gesehen scheint das Hochhaus höher zu sein! Das Verhältnis der Höhen ist genau umgekehrt wie das Verhältnis der Frequenzen.


Schwarzschildradius
Wird ein Himmelskörper zu dicht, so kann kein Licht mehr von seiner Oberfläche entkommen: Die Rotverschiebung im Gravitationsfeld ergibt Frequenz Null! Zufälligerweise lässt sich der Radius, ab dem dies passiert (Schwarzschildradius), mit Hilfe der klassischen Formel berechnen, wenn man als Fluchtgeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit einsetzt.
rS = 2·G·m/c2
Setzt man z.B. die Sonnenmasse ein, so erhält man rS ≈ 3 km. Könnte man die Sonne in eine Kugel mit 3 km Radius zusammendrücken, so würde aus ihr ein schwarzes Loch.


Experimentelle Nachweise
Weil der Raum verzerrt ist, läuft Licht nicht geradeaus. Ein Lichtstrahl, der streifend am Sonnenrand vorbeiläuft, wird 1.75 Bogensekunden abgelenkt.
Wegen der ART kann ein Planet nicht exakt auf einer Ellipsenbahn um die Sonne laufen: Die Bahnellipse dreht sich ganz langsam. (Dieser Effekt ist allerdings viel schwächer als die gewöhnlichen Bahnstörungen durch die anderen Planeten.)
Fliegt man in einem Flugzeug um die Welt, so kann man wegen der grösseren Höhe und der höheren Geschwindigkeit eine Veränderung im Gang von Atomuhren messen, welche im Rahmen der Fehlerschranken mit der Relativitätstheorie übereinstimmt.
Zwei Himmelskörper, die einander umkreisen, senden Gravitationswellen aus. Diese Wellen konnten direkt und indirekt nachgewiesen worden.

Ergänzungen: Zusatz

erste Version 12. Oktober 2008 / Lie.
Revisionen: 27. Juli 2023 / Lie.

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