Interferenz und Beugung

Interferenz und Beugung sind typische Wellenphänomene, d.h. wenn man sie beobachtet, so weiss man, dass man es mit einer Welle zu tun hat.

Superposition
Superposition (Überlagerung) tritt auf, wenn Wellen über einander hinweg laufen. Bei der ungestörten Superposition beeinflussen sich die Wellen gegenseitig nicht, d.h. sie laufen unabhängig von einander durch das Überlagerungsgebiet. Bei der linearen Superposition kann man die Momentanwerte der Wellen im Überlagerungsgebiet addieren. Licht und Schall erfüllen bei nicht allzu grossen Intensitäten das lineare Superpositionsprinzip.


Interferenz
Wenn sich zwei Wellen überlagern, können folgende Extremfälle auftreten:

konstInterf400x100.gif
Abbildung: Konstruktive Interferenz (Verstärkung). Die Wellen (grün und blau) sind in Phase, d.h. im betrachteten Raumgebiet sind die Wellen gleichphasig resp. sind höchstens um ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge gegen einander verschoben. Die Summe (rot) ist viel grösser als die Einzelwelle.

destrInterf400x100.gif
Abbildung: Destruktive Interferenz (Auslöschung). Die Wellen (grün und blau) sind gegenphasig oder im Gegentakt oder eine halbe Wellenlänge gegen einander verschoben. Die Summe (rot) verschwindet.

Natürlich gibt es auch alle Zwischenstufen (Wellen ausser Phase).

Damit Interferenzen gut beobachtet werden können, müssen die Wellen gleiche Frequenz haben. Für komplette Auslöschung müssen die beteiligten Wellen gleiche Amplitude haben.


Zwei synchrone Punktquellen
Senden zwei Quellen synchron (in Phase) Wellen aus, so beobachtet man folgendes Interferenzfeld:

zweiQuellen400x400.gif
Abbildung: Die geometrischen Orte konstruktiver Interferenz der Wellen aus zwei synchronisierten Quellen sind Hyperbel-Äste.

Die Bedingung konstruktiver Interferenz lautet:
r1 - r2 = m λ
wobei m eine ganze Zahl, r1 der Abstand von der ersten Quelle zum betrachteten Ort und r2 der Abstand von der zweiten Quelle ist.
Die Bedingung destruktiver Interferenz lautet:
r1 - r2 = m λ + λ/2
Die geometrischen Orte aller Punkte, die von zwei vorgegebenen Punkten (den Quellen) gleiche Abstandsdifferenz haben, sind Hyperbeläste.


Michelson-Interferometer
Das Michelsoninterferometer ist ein Präzisionsmessgerät, das Interferenzen von Wellen ausnützt.

Michelson863x696.gif
Abbildung: Eine Welle, z.B. ein Laserstrahl, kommt von der Eingangsseite (E) her und trifft auf den Strahlteiler (ST), wo er aufgeteilt wird. Die zwei Teilstrahlen laufen entlang den Interferometer-Armen der Längen l1 und l2, treffen senkrecht auf je einen Spiegel (S) und laufen denselben Weg zurück. Wieder beim Strahlteiler werden die Teilstrahlen nochmals aufgeteilt. Jene zwei Teil-Teilstrahlen, die Richtung Ausgang (A) gehen, können dort interferieren und beobachtet werden.

Angenommen, das Interferometer sei so justiert, dass im Ausgang destruktive Interferenz herrscht, dann muss man einen Spiegel nur um λ/4 nach aussen bewegen, damit im Ausgang konstruktive Interferenz auftritt. Bei 633 nm Wellenlänge (roter HeNe-Laser) sind das lediglich 158 nm!
Es gibt Interferometer, bei denen ein Spiegel viele Meter weit gefahren werden kann. Es ist dann möglich, durch die Interferenzen seine Position auf Bruchteile einer Wellenlänge genau zu messen.


Antireflexschicht
Optische Oberflächen müssen vergütet werden, weil sonst Reflexionen die Bildqualität herabsetzen. Das Grundprinzip ist schon an einer Einfachschicht (Abb.) erkennbar:

AR_Schicht1317x659.gif
Abbildung: Eine dünne Schicht mit Brechungsindex n2 liege auf einem Glas mit Brechungsindex n3 und grenze an Luft mit Brechungsindex n1. Licht durchquere die drei Medien und wird an den Grenzflächen jeweils zu einem kleinen Teil reflektiert. Da die Wellen seitlich ausgedehnt sich, überlagern sich die reflektierten Lichter. Die Reflexe verschwinden, wenn die reflektierten Wellen destrukiv interferieren.

Die Reflexe interferieren destruktiv, wenn sie λ/2 Wegunterschied haben. Bei senkrechtem Lichteinfall muss dazu die Schicht λ/4 dick sein, denn die Schicht wird zweimal durchlaufen.
Interferenzbedingung: d = λ2/4 = λvac/4n2 (für n1 < n2 < n3)

Eine Einfachschicht kann nur Reflexe in der Nähe einer einzigen Wellenlänge unterdrücken. Um Reflexe im ganzen sichtbaren Bereich zu vermindern, sind mehrere Schichten nötig. Ein analoges Prinzip kann verwendet werden, um Spiegelschichten herzustellen oder Interferenzfilter. Die Farben dünner Schichten (Seifenblasen, Öl auf Wasser, etc.) beruhen ebenfalls auf diesem Effekt.


Huygens-Fresnel Prinzip
Jeder Punkt einer Welle kann als Ausgangspunkt einer Elementarwelle gedacht werden, d.h. jede Welle lässt sich in Elementarwellen zerlegen. Jede Welle kann als Überlagerung von Elementarwellen dargestellt werden.

Huygens_anim.gif
Animation: Eine ebene Welle läuft nach rechts. Ab der Mitte werden keine geraden Wellenfronten mehr gezeichnet, sondern Elementarwellen (hier Ringwellen), die von der Mittellinie aus laufen. Die Einhüllende der Elementarwellen bildet eine Front, die so ausschaut, wie wenn die ursprüngliche Welle einfach so weiter gelaufen wären. Die Elementarwellen, die hinter der Wellenfront noch sichtbar sind, würden sich nach Fresnel durch destruktive Interferenz auslöschen.


Beugung
Man kann jemanden sprechen hören, obwohl er noch hinter der Hausecke steht. Der Schall wird an der Hausecke gebeugt. Mit Licht kann Beugung (Diffraktion) sichtbar gemacht werden:

Beugung1167x480.gif
Abbildung: Trifft eine Lichtwelle auf einen Spalt, so können nur von jenem Teil der Welle, der den Spalt trifft, Elementarwellen ausgehen. Da Elementarwellen in unserem Bild Kugelwellen sind, kann die Welle nach einem engen Spalt in alle Richtungen laufen.

Hat das beugende Objekt mehrere Spalte, so können sich viele Elementarwellen überlagern und ein kompliziertes Beugungsmuster (Interferenzmuster) erzeugen. Das Beugungsmuster zeigt scharfe Maxima, falls das beugende Muster eine Periodizität aufweist.


Beugung am periodischen Strichgitter
Trifft Licht senkrecht auf ein periodisches Strichgitter, so wird es senkrecht zu den "Gitterstäben" abgelenkt. Die Ablenkwinkel sind um so grösser, je feiner das Gitter ist. Beugung kann sogar von Auge an einer feinen Gardine beobachtet werden.

Gitter567x346.gif
Abbildung: Ein periodisches Strichgitter besteht aus abwechselnd transparenten und opaken Streifen. Die wichtigste Grösse ist die Gitterkonstante (räumliche Periodenlänge d, Gitterstababstand)

GitterMuster555x34.gi
Abbildung: In grösserem Abstand vom Gitter beobachtet man nur Licht in bestimmten Richtungen, den sog. Beugungsordnungen.

Die Winkel der Beugungsmaxima erfüllen die Gitterbeugungsgleichung:
d·sinαm = m·λ
mit der Beugungsordnung m (ganze Zahl) und Gitterkonstante d. Ordnung m = 0 ist unabgebeugtes Licht. Die Gittergleichung sagt nichts darüber aus, wie viel Licht in eine bestimmte Beugungsordnung geht.


Röntgenstrukturanalyse
Schickt man Röntgenstrahlung durch einen Kristall, so beobachtet man scharfe Beugungsmaxima (Max von Laue). Die bedeutet, dass Röntgenstrahlung Wellencharakter hat und dass die Atome in einem Kristall regelmässig angeordnet sind. Aus den Beugungswinkeln kann die Gitterperiode (Atomabstände) berechnet werden.


Ergänzungen: Zusatz

letzte Änderung: 6. Oktober 2008 / Lie.
Revisionen: 27. Juli 2023 / Lie.

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