Forscher beobachten einen rasenden Stern, der in unmittelbarer Nähe um das Schwarze Loch im Zentrum der Galaxis läuft

Dass im Zentrum unseres Milchstrassensystems ein supermassives Schwarzes Loch lauert, vermuten die Astronomen schon seit längerem. Jetzt ist einem internationalem Team unter der Leitung von Prof. Reinhard Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, ein überzeugender Beweis für diese Annahme gelungen: Die Forscher beobachteten einen Stern, der das galaktische Schwerkraftzentrum innerhalb von nur 15 Jahren umkreist, sich ihm bis zu 17 Lichtstunden annähert - das entspricht lediglich der dreifachen Distanz zwischen Sonne und Pluto - und dabei eine Geschwindigkeit von 18 Millionen Kilometern pro Stunde erreicht (Nature, 17. Oktober 2002). Diese neuen Messungen am "Very Large Telescope" der Europäischen Südsternwarte (ESO) schliessen damit mehrere andere Erklärungen für die zentrale Masse in der Milchstrasse aus.

Blick ins Herz der Milchstraße

Blick ins Herz der Milchstrasse: Das im Sommer 2002 mit NAOS/CONICA am "Very Large Telescope" gewonnene Infrarotbild zeigt einen wenige Lichtjahre grossen Ausschnitt des galaktischen Zentrums. Heisse Sterne erscheinen blau, kühle rot; der Schleier stammt von interstellaren Staubwolken. Die beiden kleinen gelben Pfeile in der Bildmitte markieren den Ort des vermeintlichen Schwarzen Lochs SgrA*.
Foto: European Southern Observatory/ Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik



Zoom auf das Schwarze Loch

Zoom auf das Schwarze Loch: In der Mitte dieses nur wenige Lichttage grossen Ausschnitts (links) sind SgrA* und S2 nur 15 Millibogensekunden voneinander entfernt. Das Bild entstand mit NAOS/CONICA im Frühjahr 2002. Die Skizze (rechts) beschreibt die aus Beobachtungen während der vergangenen zehn Jahre abgeleitete stark elliptische Bahn des Sterns S2 um das Schwarze Loch SgrA*.
Foto und Grafik: European Southern Observatory/ Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik



Video: zeigt die Bewegung des Sterns S2 um das galaktische Schwarze Loch
(mpg1-Datei ca. 20 Sekunden lang; ca. 550 kB)


S2 läuft auf einer stark elliptischen Bahn, in deren einem Brennpunkt SgrA* steht. Das heisst: Der Stern umrundet das galaktische Zentrum in ähnlicher Weise wie die Erde die Sonne. Im Frühjahr 2002 hatte S2 mit 17 Lichtstunden oder gut 18 Milliarden Kilometern Abstand den zentrumsnächsten Punkt erreicht. Die Bahngeschwindigkeit betrug 5000 Kilometer pro Sekunde (18 Millionen Kilometer pro Stunde); S2 läuft um SgrA* damit beinahe zweihundert Mal schneller als die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne. Die Analyse der Daten ergab ausserdem, dass sich der Stern bis zu zehn Lichttage von der zentralen Radioquelle entfernen kann und für einen Umlauf etwa 15,2 Jahre benötigt. S2 ist vermutlich ein Stern mit etwa der 15-fachen Masse und dem 7-fachen Durchmesser der Sonne.

Die Messungen belegen, dass sich in SgrA* tatsächlich eine zentrale unsichtbare Masse verbirgt. Noch wichtiger: Die knapp drei Millionen Sonnenmassen ballen sich auf ein tausendfach kleineres Volumen als bisher angenommen, was fast alle anderen Erklärungen als die eines Schwarzen Lochs ausschliesst", sagt Rainer Schödel vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. Neueste Modellrechnungen ergeben für das Schwarze Loch jetzt eine Masse von 2,6 (plus/minus 0,2) Millionen Sonnenmassen. Und um ein solches exotisches Gebilde muss es sich den Autoren des Nature-Artikels zufolge handeln: Kompakte Haufen von Neutronensternen, kleineren Schwarzen Löchern oder vielen masseärmeren Sternen scheiden aus. Nach den Worten von Reinhard Genzel wäre als einzige Alternative ein hypothetischer Stern aus Kernbausteinen (Bosonen) denkbar. "Doch der würde irgendwann ebenfalls zu einem supermassiven Schwarzen Loch kollabieren", sagt Genzel.


Quelle: Max Planck Gesellschaft - Presseinformation, 16. Oktober 2002,

http://www.mpg.de/bilderBerichteDokumente/dokumentation/pressemitteilungen/2002/pri0287

Inhalte aus der genannten Quelle wurden gekürzt und neu arrangiert.
3. Juni 2007/Lie.